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Digital: Präzisionsschrauber oder Schlosserhammer?


Die Probleme bei digitalen Workplaces, Collaboration und Security müssen wir uns – zumindest zum Teil – selbst zuschreiben. Ein Gastbeitrag bei DIGBIZ Leader Media in 2020. Jeder, der etwas für einen anderen tut, mit welcher noblen Absicht auch immer, nimmt ihm damit auch etwas weg. Wir müssen uns dessen bewusst sein, bevor wir Dienste auf die Schnelle auslagern wollen.

Outsourcing-Strategie bei IT-Dienstleistungen: Ein Stück aus deinem Geschäft Natürlich kann in der heutigen Welt keiner mehr alles alleine schaffen, und ein gewisses Maß an Outsourcing ist unvermeidlich. Doch es ist wohl kein großes Geheimnis, wenn ich als ehemaliger Verkäufer in der IT-Dienstleistungsbranche verraten kann, dass ein Vertreter eines Dienstleisters, der die Vorteile seiner Firma präsentiert, Ihnen damit kein Angebot für eine selbstlose Hilfeleistung macht … verständlicherweise. In Wirklichkeit will er einen Teil Ihres Geschäftes für sich haben. Im Optimalfall kann dies für beide Parteien von Vorteil sein, doch wenn Sie sich Ihres Kerngeschäfts nicht bewusst sind, können Sie leicht einen schweren Fehler begehen. Outsourcing von IT-Dienstleistungen sollte stets Teil einer bewussten IT-Service-Strategie sein, und diese Strategie sollte mit der Geschäftsstrategie des Unternehmens im Einklang stehen. Dies wiederum erfordert ein bewusstes IT-Management, das eine strategische Planung und eine geschäfts- und nutzenbasierte Kommunikation der internen IT-Dienstleistungen einschließt. Und diese Kommunikation sollte mit den Informationen des jeweiligen externen Dienstleistungsanbieters vergleichbar und gleichwertig sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass der jeweilige Entscheidungsträger sich fundiert für oder gegen ein eventuelles Outsourcing entscheiden kann. Als Folge davon werden jene Unternehmen, die bereits vor der aktuellen Krise eine umfassende, gut etablierte Strategie verfolgten, die gegenwärtigen Herausforderungen viel wahrscheinlicher gut überstehen. Diejenigen, die in der Vergangenheit bequeme Entscheidungen getroffen haben, müssen sich heute und morgen nun umso unbequemeren Folgen stellen. Bequeme Entscheidungen in der Vergangenheit sind die Ursachen für eine unbequeme Gegenwart Wenn wir ehrlich sind: Die Schwierigkeiten und die verzweifelten Bemühungen, um aktuell zum Beispiel dringend Fernarbeitsmöglichkeiten und um die damit verbundenen IT-Sicherheit und andere Prozesse zu schaffen, wären in vielen Fällen vermeidbar gewesen, wenn die Verantwortlichen in der Vergangenheit einige notwendige, allerdings unbequeme Entscheidungen getroffen hätten. Das Muss ist jedoch eine harte Nuss, und spätestens jetzt ist man bei dem Punkt angelangt, an dem man sich nicht länger vor diesen Entscheidungen drücken kann. Digitale Transformation in den Köpfen Wenn man darüber nachdenkt: All die Werkzeuge, die Technologien und die Prozesse, die jetzt bei vielen Firmen dringend erst ausgearbeitet und eingeführt werden müssen, existieren schon seit Jahrzehnten. Sie wurden allerdings in vielen Fällen aus Furcht, oder aus Bequemlichkeit nicht aktiv eingeführt, und die Denkweise – das vielzitierte Mindset – wurde nicht darauf ausgerichtet. Das war allerdings nicht alleine die Schuld des jeweiligen Top-Managements der Unternehmen. Leider war in zahlreichen Fällen auch die IT-Leitung ihrerseits nicht in der Lage, die Vorteile und den Nutzen der eigenen IT-Dienstleistungen klar zu kommunizieren und den Entscheidungsträgern klarzumachen, dass diese Lösungen beispielsweise in einer Krisensituation einen Ausweg und sogar das wirtschaftliche Überleben bedeuten könnten. Das führte dazu, dass die Werkzeuge der Digitalen Transformation heute oft mit der Denkweise von gestern genutzt werden. Call Centers werden zentralisiert anstatt tatsächlich virtualisiert zu sein, PDFs werden an unsere Kinder geschickt anstatt auf echte virtual Collaboration zu setzen. Das ist so, als ob man einen Präzisionsschrauber als Schlosserhammer benutzen würde. Die Krisen sind Teil der natürlichen – wirtschaftlichen – Selektion Ich glaube nicht an die heute so häufigen Bemerkungen, dass uns die Welt mit dem aktuellen COVID-19-Virus eine Botschaft schicken wollte. Die Annahme, dass wir die Adressaten solch einer Warnung sind, scheint mir ziemlich egozentrisch zu sein. Meiner Meinung nach sind wir der Welt um uns herum völlig gleichgültig. In dieser neutralen Umgebung müssen einfach alle versuchen, am (Geschäfts-)Leben zu bleiben und sich dabei weiter zu entwickeln. Voraussetzungen dafür sind Agilität, aber auch die rechtzeitige, richtige Vorbereitung auf die eventuellen Herausforderungen. Im Geschäftsleben dienen dazu die etablierten Prozesse und Werkzeuge eines funktionierenden Risikomanagements und Business Continuity Managements. Und vor allem ist eine möglichst objektive Selbsterkenntnis extrem wichtig. Erkenne dich selbst Mangelndes Wissen über uns selbst und über unsere eigenen Dienstleistungen führt in einer Krisensituation wie der aktuellen mit großer Wahrscheinlichkeit zu panischem oder verzweifeltem Verhalten, was wiederum in einem unbegründeten oder falschen Outsourcing oder auch Insourcing münden könnte, oder zu anderen fehlerhaften Entscheidungen, die dramatische langfristige Konsequenzen nach sich ziehen könnten. Anstatt Lösungen oder Services auszulagern, wird oft versucht, die eigenen Probleme oder – häufig unbewusst – sogar die kritischen Geschäftsprozesse abzugeben, was mittelfristig zu einem schmerzlichen Verlust führen kann. Um das zu verhindern, sollte die IT Organisation jedes Unternehmen zumindest über ein grobes IT-Service-Management-Framework – mit dem zugehörigen Service-Portfolio, dem Service-Katalog, der Prozess-zu-Service-Karte und den CMDB-Beschreibungen – verfügen. Nur damit können die kritischen Prozesse identifiziert und geschützt werden, und jene, die nicht Teil des Kerngeschäftes sind, zum Auslagern vorgemerkt sein. In allen Dingen hängt der Erfolg von den Vorbereitungen ab Alles in allem: Jene, die diese Vorbereitungen rechtzeitig getroffen und in die eigene Strategie integriert haben, und die dazu notwendige Denkweise verinnerlicht haben, und jetzt damit auf die Herausforderungen der derzeitigen Krise gestoßen sind, können von der aktuellen Situation sogar profitieren. Diejenigen, die das nicht getan haben, sind zumindest um eine schmerzhafte Lektion reicher geworden. In diesem Sinne haben wir indirekt dann vielleicht doch eine Botschaft von der Welt bekommen. Über den Autor: Balint Ladanyi leitet die IT-Organisation von Agfa für die Region AT, CE, Mid. East, Afr. Ru. und ist im Unternehmen weltweit für die Bereiche Service Delivery, Business Development und Qualitätsmanagement verantwortlich. Vor seiner Tätigkeit bei Agfa konnte der gebürtiger Ungar, der bereits seit 20 Jahren in Österreich lebt und arbeitet, Erfahrungen in führenden Konzernen wie Bayer, IBM und AT&T in verschiedenen internationalen Management-Rollen sammeln. Ein Kernthema, mit dem sich Ladanyi besonders intensiv beschäftigt, ist modernes Service-Management und Service-Marketing. In seiner Funktion als IT Leiter und Business Partner, in der beispielsweise die Geschäftsabwicklung und die Bereitstellung von Cloud-Anwendungen für interne und externe Kunden zu seinen wichtigsten Aufgaben gehören, genauso wie als aktiver Vordenker in der CIO- und CDO-Community. Fotos: Lisa Resatz

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